In einem Beitrag in der Zeitschrift "Der Niederrhein" (92. Jhrg., Heft 1/2025, S. 26f.) würdigt Paul Wietzorek die Bucherscheinung "Gott zur Ehre, den Gläubigen zum Segen und der Stadt zur Zierde", die die lange Geschichte der Dionysiuspfarre und -kirche wissenschaftlich aufarbeitet. Das Buch ist weiterhin für 30,- im Pfarrbüro und in der Dionysiuskirche zu erwerben. Der nachfolgende Text wird mit freundlicher Genehmigung des Autors hier veröffentlicht:
Zu den Glaubensgemeinschaften der Juden, der Mennoniten und der Lutheraner gibt es schon seit Jahren wichtige Publikationen. Nun liegt endlich auch ein umfassendes und mit 600 Seiten zugleich umfangreiches, wissenschaftlich fundiertes Werk über die Geschichte der Katholiken in Krefeld vor.
Die Überschrift deutet bereits darauf hin, dass es nicht enfach um die Geschichte der ehemaligen Hauptpfarrkirche St. Dionysius geht, sondern allgemein um die Geschichte der Katholiken in Krefeld, die, wie könnte es anders sein, Höhen und Tiefen erlebt und überwunden haben, Es ging um theologische, religiöse Auseinandersetzungen, um kriegerische Handlungen, um Gegensätze zu städtischen wie staatlichen Stellen, um soziale und wirtschaftliche und kulturelle Gegensätze. Diese historische Verknüpfung der Krefelder Kirchengeschichte mit der Stadtgeschichte Krefelds wird besonders deutlich, wenn man beispielsweise an die Folgen der Reformation denkt und berücksichtigt, dass Krefeld damals protestantisch wurde. Die Katholiken waren besonders hart betroffen, denn erst 200 Jahre später erfolgten im 18. Jahrhundert die Neugründung der katholischen Pfarre und der Bau der Dionysiuskirche. Der preußische König Friedrich II. hatte die Genehmigung erteilt.
Auf die Geschichte der Katholiken haben natürlich auch weitere Ereignisse und Entwicklungen eingewirkt. Man denke an die Herrschaft der Oranier, an die preußische Verwaltung, an den Kulturkampf, die Weltkriege, die NS-Zeit oder an die Nachkriegsbedürfnisse.
Nach drei Geleitworten und einer kurzen Einfürung ist die Gesamtdarstellung in acht Epochenbeiträge gegliedert (siehe:
Einführung S. XX):
1 Siedlung, Kirche und Pfarre vom 11. bis zum 18. Jahrhundert
2 Die neue katholische Gemeinde
3 Die Zeit der französischen Herrschaft 1794-1814
4 Wachsende Gemeinde – das 19. Jahrhundert
5 Die Ära Schwamborn – die Pfarre St. Dionysius von 1921-1945
6 Wiederaufbau von Kirche und Pfarrleben 1945-1958
7 Zeit der Veränderungen und Reformen 1958-2008
8 St. Dionysius in der Pfarre Papst Johannes XXIII.
Diesem Überblick sollen genauere inhaltliche Hinweise folgen, die zugleich die Fülle an Informationen andeuten, die der repräsentative Band vermittelt:
1 Krefeld – Siedlung, Kirche und Pfarre vom 11. bis zum 18. Jahhundert (frühe Siedlung; Kirchengründung; die Kirche in der Zeit der Grafen von Moers; Reformation; die Konfessionen unter oranischer Herrschaft; katholische Religionsausübung unter preußischer Herrschaft)
2 Die neue katholische Gemeinde (Krefeld; Schule und freie Religionsausübung; neue katholische Kirche; Kirchbau; Ausstattung der Kirche; Schuldzuweisungen zwischen Reformierten und Katholiken; Zerwürfnis in der katholischen Gemeinde; Bau des Schulhauses; Armenwesen)
3 Die Zeit der französischen Herrschaft 1794-1814 (Krefeld; Situation der katholischen Kirche; Geistliche; Vermögen und Vermögensverwaltung)
4 Wachsende Gemeinde – das 19. Jahrhundert (Krefeld; Pfarrer und Oberpfarrer; geistliches und weiteres Personal; Liturgie und Seelsorge; Vermögen und Einkünfte; St. Dionysius – Baugestalt und Einrichtung; Vereine und Gruppierungen; Orden und karitative Einrichtungen; Schulen)
5 Die Ära Schwamborn – Die Pfarre St. Dionysius von 1921-1945 (Krefeld; Gregor Schwamborn, die bestimmende Pfarrerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts; weitere Geistliche und Mitarbeiter; Liturgie und Seelsorge; Vermögen; St. Dionysius – Renovierungen und Ausstattung; Vereine und Gruppen; karitative Einrichtungen; Schulen; St. Dionysius im Zweiten Weltkrieg)
6 Wiederaufbau von Kirche und Pfarrleben nach dem Zweiten Weltkrieg 1945-1958 (Krefeld; Aufbauarbeiten; der alte Schwamborn – Ehrenbürger der Stadt Krefeld; Liturgie und Seelsorge; Vereine und Gruppen; Schulen)
7 Zeit der Veränderungen und Reformen 1958-2008 (Krefeld; Pfarrer; priesterliche und nichtpriesterliche Mitarbeiter; Gremien; Gemeindestruktur; Gottesdienst und Liturgie; Sanierung und Ausstattung der Kirche; Immobilien; karitative Einrichtungen; Vereine und Verbände; Schule und Kindergarten)
8 St. Dionysius in der Pfarre Papst Johannes XXIII. (Umstrukturierungen im Bistum Aachen; Pfarrer, pastorale Mitarbeiter und ihre Schwerpunkte; Umbauten und Sanierungen der Kirche; Liturgie, Gottesdienste und andere Angebote in der Dionysiuskirche, Citypastoral; Sozialaktion „das tägliche brot“)
Auf die Epochenbeiträgr folgen noch drei weitere Abschnitte, die eine Baubeschreibung der Dionysiuskirche, den Katalog der Kirchenausstattung und eine Zusammenfassung bieten. - Verzeichnisse der Abkürzungen, der ungedruckten und gedruckten Quellen, ein Literaturverzeichnis, ein Register und der Abbildungsnachweis beschließen den höchst empfehlenswerten Band.
Die Geschichte der Krefelder Katholiken ist, wie schon bemerkt, natürlich eng mit der allgemeinen Geschichte der Stadt Krefeld verflochten, in positiven wie in problembeladenen Zusammenhängen. Besonders deutlich werden diese etwa im Zusammenhang mit der Einführung der Reformation und der Benachteiligung und Unterdrückung der Katholiken oder während des Kulturkampfes, in dem sich die katholische Kirche gegen staatliche Übergriffe zur Wehr setzte. In nachreformatorischer Zeit war der Begriff „Krefelder Toleranz“ von besonderem Gewicht, deutete er doch darauf hin, dass die verschiedenen Konfessionen in Krefeld zumindest zu einem friedlichen Nebeneinander gefunden hatten und sie sich gegenseitig respektierten.
Weithin sichtbare Symbole der konfessionellen Verhältnisse in Krefeld sind die markanten Kirchtürme, die vielfach unübersehbar himmelwärts streben. Besondere Bedeutung ist dem imposanten Turm der Dionysiuskirche beizumessen. Er ist eines der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt und bestimmt maßgeblich das Stadtbild.
St. Dionysius, die frühere Hauptpfarrkirche, gilt weiterhin als die wichtigste katholische Kirche Krefelds, ungeachtet aller strukturellen Veränderungen der Pfarrbereiche durch das Bistum Aachen, durch die die Pfarre St. Dionysius 2008 Teil der Gemeinde Papst Johannes XXIII. wurde.
Hervorzuheben ist die historische Bedeutung der Kirche als Zeugnis der Krefelder Toleranzgeschichte. Zur Erbauungszeit lag die Kirche noch außerhalb der Altstadt, weshalb sie nicht die sonst übliche Ostausrichtung katholisher Kirchen aufweist, sondern eine Westausrichtung, denn die Kirche sollte der Stadt nicht ihre Kehrseite zuwenden. Mit der Ausdehnung der Stadt vor allem im Zuge der Industrialisierung erhielt sie dann ihre heutige zentrale Lage. Dieser Tatsache sind die engen Verbindungen zum gesellschaftlichen, politischen, geschäftlichen, kulturellen Leben zu verdanken.
St. Dionysius ist aber nicht nur ein prägendes Baudenkmal, sondern vor allem ein Gotteshaus, eine Stätte christlichen Glaubens, der Stille, der Besinnung, des Gebets. Eine solche Stätte ist heutzutage von besonderer Bedeutung angesichts der zunehmenden Verweltlichung und Entkirchlichung der Gesellschaft. „Vor allem aber ist sie Raum des Göttlichen sowie Ort des gefeierten und gelebten Glaubens. Sie ist Kraftort für viele Menschen, die mit ihren Sorgen und Nöten, ihrer Klage und ihrem Dank hierherkommen. Sie ist spirituelles und liturgisches Zentrum in einer Stadt, die immer säkularer wird. Genau darin liegt ihr großes Potential: Die Dionysiuskirche in Krefeld ist eben nicht nur Wahrzeichen der Stadt, sondern ein Ort, der zum Dialog einlädt; zwischen Gott und Mensch, Stadt und Kirche, Geschichte und Gegenwart“ (Pfarrer David Grüntjens, S. XIV).
Der Titel des vorliegenden Bandes über die Geschichte der Pfarre und Kirche zum hl. Dionysius lautet daher nicht von ungefähr „Gott zur Ehre, den Gläubigen zum Segen und der Stadt zur Zierde“. Nicht nur die Pfarre St. Dionysius, nicht nur die Katholiken, sondern die Stadt Krefeld und ihre Bürger insgesamt dürfen sich glücklich schätzen, mit dieser so informationsreichen, wissenschaftlich fundierten Publikation ein hervorragendes Dokument zur Geschichte der Katholiken Krefelds wie der Stadt zu besitzen. Die Lektüre kann man nur allen Bürgern empfehlen, unabhängig von ihrer religiösen Einstellung. Die Einblicke in die Vergangenheit mit ihren zahlreichen Umbrüchen, mit ihren erfreulichen wie bedrückenden Ereignissen und Entwicklungen sollten auch dazu führen, die eigene Gegenwart besser zu verstehen und die Gedanken vielleicht auch auf die Zukunft zu richten, deren Gestaltung die Menschen selbst in der Hand haben.
Ina Germes-Dohmen, Gott zur Ehre, den Gläubigen zum Segen und der Stadt zur Zierde. Geschichte der Pfarre und Kirche zum hl. Dionysius in Krefeld. Mit Beiträgen von Anna Pawlik und Margret Wensky. Hrsg. v. d. Stadt Krefeld (Stadtarchiv) und der katholischen Kirchengemeinde Papst Johannes XXIII. Krefelder Studien, Band 17, Krefeld 2023, 600 S., zahlreiche Abb., Hardcover, 17 x 24 cm. € 30,00, ISBN 978-3-9815869-2-3 P. W.